Letzte Woche hat die grüne Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann einen Antrag auf regulierte Cannabis-Verkaufsstellen eingereicht. Das zuständige Amt wird in spätestens drei Monaten (voraussichtlich im September) über die Genehmigung entscheiden. Gibt es also vielleicht bald legale Coffee-Shops in Berlin?
Details zum Marihuana-Verkauf
Der eingereichte Antrag umfasst ein Konzept über vier „Cannabis-Fachgeschäfte“, die zu gleiche Teilen auf die beiden Stadtteile aufgeteilt werden sollen. Die genauen Verkaufsorte sind noch nicht fest gelegt, doch werden sie nicht in der Nähe von Schulen und anderen Kindereinrichtungen entstehen. Die künftigen Betreiber würden die entsprechende Tendenz vom Bezirksamt verliehen bekommen und könnten damit regional produziertes Cannabis legal in Berlin verkaufen. Die Verkäufer sollen in Workshops der Fachstellen für Suchtberatung auf die entsprechenden medizinischen Beratungen vorbereitet werden.
Wer darf Kunde sein?
Grundsätzlich dürfte die geplante Regelung einen Konsum-Tourismus wie einst in den Niederlanden (vor allem in Amsterdam) verhindern. Zum einen soll Berlinern aus anderen Bezirken sowie Berlin-Besuchern der Zutritt zu den Coffee-Shops verwährt bleiben. Zum anderen soll auch die Abgabe an die Kreuzberger und Friedrichshainer reguliert werden. So müssten sich die potenziellen Kunden zuvor registrieren lassen. Dies würde bei einem unabhängigen Notar geschehen, der daraufhin einen Benutzer-Ausweis mit Lichtbild ausstellen würde – eine Art Canabis-Ausweis. Darauf wären alle personenbezogenen Daten sowie die eingekauften Mengen gespeichert. Die Kaufbegrenzungen sollen bei 10 Gramm pro Kauf und insgesamt 60 Gramm im Monat liegen, die aber legal erworben werden dürften.
Medizinische Beratung und Begleitung
Der Verkauf von Marihuana soll dem Antrag nach in medizinisch-verantwortlicher Art und Weise geschehen. So erklären sich die registrierten Käufer bereit, an wissenschaftlichen Begleitstudien teilzunehmen und werden darüber hinaus zum Führen eines sogenannten Konsumtagebuchs aufgefordert, in dem sie über ihren Verbrauch kritisch reflektieren sollen. Es bleibt abzuwarten, ob das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sich durch diese Maßnahmen überzeugen lässt. Das BfArM hat jedenfalls Zeit, in den nächsten drei Monaten über den Antrag zu entscheiden.
Von Bürgern und Ämtern
Der Antrag hat eine zweijährige Vorgeschichte, die mit den Zuständen im Görlitzer Park zu tun hatte. Dabei wurde beschlossen, „gemeinsam mit Experten/innen, Beratungsstellen und Anwohner/innen, die nötigen Schritte einzuleiten, um durch eine kontrollierte Abgabe von Cannabisprodukten in lizensierten Abgabestelle(n) am Görlitzer Park, den negativen Auswirkungen der Prohibition und des dadurch entstehenden Schwarzmarktes entgegen zu treten.“ Durch mehrere öffentliche Anhörungen unter Beteiligung verschiedenster sozialer Trägervereine und ähnlichem entstand in der Folge die Idee zu besagtem „Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 3 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG): Regulierter Verkauf von Cannabis in Friedrichshain-Kreuzberg“.
Das Projekt steht im Zusammenhang mit einem europäischen und US-amerikanischen Trend, dem jahrzehntelangen und größtenteils erfolgslosen Kampf gegen Drogenkartelle mit neuen Mitteln zu begegnen. Eines der europäischen Vorreiterländer, Portugal kann dabei seit dem Beginn der Entkriminalisierung auf eine gute Bilanz verweisen. So ist der Drogenkonsum unter Jugendlichen ebenso gesunken wie die Zahl der Drogentoten und HIV-Infizierten und Portugal ist heute im europäischen Vergleich bei den Listen zur Drogenproblematik auf den unteren Plätzen zu finden, während es zuvor zu den besonderen Problemfällen gehörte.