Alle Jahre wieder überrascht der Berliner Landtag mit einer ungeahnten Idee. So wird überlegt, ob ein nächtliches Verkaufsverbot von Alkohol in Spätverkäufen eine geeignete Maßnahme gegen den Alkoholkonsum der Minderjährigen sei.

Ein Vorschlag von Peter Trapp

Der 67-jährige CDU-Abgeordnete und innenpolitische Sprecher hält ein Verkaufsverbot zwischen 22 und 5 Uhr von alkoholischen Getränken außerhalb von Restaurants u.ä. für eine dringend zu diskutierende Sache. Er verweist dabei auf Baden-Württenberg, das 2010 die Regelung einführte und seither einen Rückgang der jugendliche Alkoholvergiftungen von 7% verzeichnet. Allerdings verzeichnet Berlin einen Rückgang in den letzten drei Jahren von 25%, was die berechtigte Frage nach akutem Handlungsbedarf stellt.

Die SPD reagierte zunächst zurückhaltend. „Wir können über alles reden. Aber ich habe meine Zweifel, ob zusätzliche Verbote helfen“, kommentierte der innenpolitische Sprecher der SPD, Frank Zimmermann. Die Opposition reagierte mit Äußerungen zwischen Unverständnis und Sarkasmus. Berechtigte Einwände fand auch der Landesvorsitzende der Polizeigewerkschaft: „Wer soll ein Verbot kontrollieren? Die Berliner Polizei hat keine Kapazität mehr.“

Spätverkäufe und Tankstellen

Betroffen wären von der Regelung vor allem die als „Spätis“ bekannten Kioske, die bis spät in die Nacht hinein verkaufen und dabei von Bier, Wein und ähnlichem abhängen. Sie gehören zum festen Bestandteil der Stadtkultur und sind weit über die Landesgrenzen bekannt. Christian Klier brachte sogar unter dem Titel „Der Späti. Eine Ortsuntersuchung in Berlin“ das passende Buch zu dem Thema heraus. International ist Berlin dafür bekannt, Freiheiten zu bieten, die in London oder Paris fehlen. Die Unabhängigkeit von Bars und Kneipen gehört ebenso dazu, wie die fehlende Sperrstunde. Die ebenfalls betroffenen Tankstellenbetreiber brachten bereits ihre Missbilligung über den Vorstoß zum Ausdruck und auch die ersten abschlägigen Reaktionen der Bevölkerung ließen nicht lange auf sich warten. Es bleibt wohl erst einmal abzuwarten, was aus dem Vorschlag wird – vermutlich nicht viel.

Jahrgang 1982, studierte Literaturwissenschaft und Philosophie in Erfurt (Master of Arts). Arbeitete in kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Projekten und promoviert derzeit an der Universität Erfurt. Lebt und schreibt in seiner Heimatstadt Berlin und ist seit 2013 Redakteur für berlin-sehen.de.

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